Philippinen: Ein Taifun als Weckruf: Mit Jugendlichen und Selbsthilfegruppen für den Umweltschutz
Text: Lorenz Töpperwien Fotos: Lorenz Töpperwien, Ludwig Grunewald, Kindernothilfe-Partner
Fünf Jahre nach dem Jahrhundert-Taifun „Haiyan“ ist in der Gemeinde Salcedo auf der philippinischen Insel Samar scheinbar alles wieder beim Alten. Doch bei der Bevölkerung ist das Thema Umweltschutz präsenter als je zuvor. Die Naturkatastrophe hat ein Umdenken bewirkt. Jugendliche und Frauen sind die Vorhut des neuen Umweltbewusstseins, an dem Selbsthilfegruppen, Gemeindevertreter und Behörden Hand in Hand arbeiten. Und mittendrin: der Kindernothilfe-Partner SIKAT.
„Die Umwelt muss intakt bleiben, nicht so wie meine Haare“, sagt Edgar Orencio, Regionalleiter des philippinischen Kindernothilfe-Partners SIKAT. Mit verschmitztem Gesicht zeigt er auf seine hohe Stirn. Die 14 Jugendlichen, die vor ihm sitzen, lachen. Diese Umweltschulung in Mercedes, nahe der Küstenstadt Guiuan, ist genau auf ihre Altersgruppe zugeschnitten. Die meisten von ihnen kommen aus Fischerfamilien, die nach dem Taifun Haiyan vor dem Nichts standen.
Heute ist von dem apokalyptischen Taifun nicht mehr viel zu sehen. Nur ein paar vereinzelte Hausruinen erzählen davon. Doch in das Gedächtnis der Menschen hat sich die Naturkatastrophe tief eingegraben. Das nächste Mal wollen sie vorbereitet sein – mit einer gesunden Umwelt als Schutzschild. Die Jugendlichen sind die Vorhut. Sie wissen, dass ein solcher Tropensturm wieder kommen kann. Aber sie wissen auch, dass der Raubbau an der Natur die tödliche Wirkung der Taifune vervielfacht und zugleich ihr jetziges Leben massiv beeinträchtigt. Als Botschafter für eine starke Umwelt sagen sie laut und deutlich „Nein!“ dazu.
Bei der Umweltschulung machen sie ein Spiel, das zeigt, wie komplex ihre Umwelt ist. Jeder von ihnen bekommt eine Karte angeheftet, die Begriffe wie Seegras, Mangroven oder Korallenriffe tragen. Sie stellen sich im Kreis auf, und wer die gleiche Karte trägt, verbindet sich mit einem Band. Am Ende entsteht so ein Gewirr von Fäden – das ausgeklügelte Netzwerk der Natur, in der alles miteinander verbunden ist.
Im Landkreis Salcedo passiert seit einigen Jahren viel, um dieses Netzwerk zu schützen. So schloss der Bürgermeister von Salcedo direkt nach dem Taifun eine von einem chinesischen Bergwerksunternehmen ausgebeutete Chromit-Mine im Landesinneren. Das Argument: Umweltverschmutzung durch die Grubenabwässer – eine starke Botschaft für die Umwelt und die vielen Fischer- und Bauernfamilien, die vom empfindlichen Ökosystem abhängen. Und die Jugendlichen: Sie pflanzen Mangroven, sammeln Müll und melden den Behörden Umweltschäden, die ihnen auffallen. Aber am allerwichtigsten ist: Sie sind Teil einer neuen Generation, die Umweltschutz lebt und ihn von der Politik einfordert.
Lebensraum schützen, Lebensraum schaffen!
Eine regelmäßige Gemeinschaftsarbeit ist zum Beispiel das Sammeln von Abfall am Strand. Weil es im Sommer tagsüber so heiß ist, treffen sich die beteiligten Frauen schon frühmorgens. Die Abfallsäcke stellt der Kindernothilfepartner SIKAT. Sie sind schnell gefüllt, selbst auf so einer kleinen Insel wie Victory Island. Für die Frauen ist das nicht nur Arbeit, sie haben auch ihren Spaß dabei.
Ganz vorne mit dabei war die Selbsthilfegruppe von Hamorawon. Auf die Frage, wie lang die ganze Aktion gedauert hat, kommt von den Frauen eine überraschende Antwort: zwei Monate nur! Die Familien haben mitgeholfen, aber die Frauen waren der Motor. Mittlerweile sind die künstlichen Riffe mit Pflanzen bewachsen, die Fischbestände haben sich erholt, und bei jedem Fang holen die Fischer sechs bis acht Kilogramm Fisch aus dem Wasser – doppelt so viel wie vor der Anlage der Riffe.