Die Deutsche Evangelische Gemeinde in Barcelona
Es sind gerade schwierige Zeiten, überall auf der Welt. Doch gerade in der Krise sollte man Solidarität und Nächstenliebe beweisen, um gestärkt aus der Corona-Pandemie herauszugehen, findet Holger Lübs. Der 53-Jährige ist Pfarrer der Deutschen Evangelischen Gemeinde (DEG) in Barcelona, die die weltweite Projektarbeit der Kindernothilfe seit 1977 unterstützt und seitdem 70 Patenkinder förderte. Kindernothilfe-Redakteurin Christiane Dase hat im Dezember 2020 mit ihm gesprochen.
Herr Pfarrer Lübs, wie haben Sie die vergangenen Monate in Spanien erlebt?
Pfarrer Lübs: Normalerweise kommen 27 Milionen Leute pro Jahr nach Barcelona. Dann kam Corona. Wir hatten ja, anders als in Deutschland, einen richtigen Lockdown. Man durfte seine Wohnung nicht verlassen, höchstens mal mit dem Hund raus. Es gab überall Polizeikontrollen, die das überwacht haben. Als Pfarrer durfte ich bei wichtigen Anliegen nach draußen und Gemeindeglieder besuchen. Es war gespenstisch, die Stadt so leer zu sehen. Manche der Deutschen, die hier leben, haben Anfang März das Land verlassen, als die Krankenhäuser völlig überlastet waren. Die Menschen hier haben trotzdem ihr positives Lebensgefühl nicht verloren.
Für gewöhnlich sammelt die DEG während der Gottesdienste in der Weihnachtszeit Spenden für die Kindernothilfe – was war 2020 anders?
Pfarrer Lübs: Wegen Corona haben wir die gesamte Gemeindearbeit heruntergefahren, es gab monatelang keine Gottesdienste. Stattdessen habe ich mit einem Sonntagsnewsletter besinnliche Texte und kleine, mit dem Handy gedrehte Videos verschickt, um regelmäßigen Kontakt zur Gemeinde zu halten. Die wenigsten unserer 500 Mitglieder wohnen direkt in Barcelona und können wegen der Ausgangssperren sonntags nicht zu den Gottesdiensten kommen. Erst in der Vorweihnachtszeit für die Kindernothilfe zu sammeln, das war uns zu unsicher. Deswegen habe ich schon während des Lockdowns im Sommer die Gemeinde zum Spenden aufgerufen. Am Ende des Sommers hatten wir das Geld für unsere Patenkinder zusammen!
Pfarrer Lübs: Der Vorschlag, die Arbeit der Kindernothilfe zu unterstützen, kam von engagierten Gemeindemitgliedern. Das sind vor allem Deutsche, die mit Spaniern verheiratet sind und hier leben. Andere sind hier geboren und aufgewachsen, weil ihre Eltern oder Großeltern während des wirtschaftlichen Aufschwungs Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nach Spanien gekommen sind. Als ich vor siebeneinhalb Jahren nach Barcelona kam, um Pfarrer der DEG zu werden, gab es die Kinderpatenschaften bereits. Ich kenne die Kindernothilfe seit meiner Kindheit und bin überzeugt, dass sie als eine Organisation, die sich seit Jahrzehnten für Kinder in Not einsetzt, eine große Strahlkraft hat und viel bewirken kann.
Ihre Gemeinde unterstützt unsere Arbeit aktuell durch elf Kinderpatenschaften für Mädchen und Jungen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Welche Hoffnung verbindet sie damit?
Pfarrer Lübs: Wir glauben, das Wichtigste, das man Kinder mitgeben kann, ist Bildung. Nur durch Bildung können es Kinder aus den ärmsten Ländern dieser Welt schaffen, aus ihrer prekären Lebenssituation herauszukommen und selbst für sich zu sorgen. Durch unsere Spenden kann die Kindernothilfe Mädchen und Jungen mit Schulmaterialien, aber auch mit Essen und Medikamenten unterstützen – und so eine bessere Zukunft für diese Kinder ermöglichen!
Pfarrer Lübs: Wir bekommen hauptsächlich zu Weihnachten Post von unseren Patenkindern. Die hängen wir dann an unser sogenanntes graues Brett vor der Kirche in der Loggia, damit die Leute sie lesen können. Unser Gemeindemitglied Eva Janicke ist für die Kontaktpflege zu den Patenkindern verantwortlich und beantwortet sie. Leider ist der Briefwechsel momentan nicht so einfach, da die Post coronabedingt nur wenige Briefe nach Südamerika befördert.
Warum ist das Engagement für Kinder aus den ärmsten Ländern gerade während der Pandemie so wichtig?
Pfarrer Lübs: Es geht uns in West- und Mitteleuropa so gut, dass wir auch in schwierigen Zeiten wie diesen noch etwas abgeben können! Jeder braucht etwas Warmes zu essen und die Chance auf ein festes Einkommen, Gesundheit, Ruhe. Wir sprechen immer von Nächstenliebe, jetzt können wir durch Solidarität, nicht nur mit Menschen in unserem Umfeld, unser menschliches Antlitz zeigen.
Was wünschen Sie sich für das dieses Jahr, Herr Pfarrer Lübs?
Pfarrer Lübs: Wenn ich Not erkenne, bin ich als Christ gefordert, etwas gegen diese Not zu tun. Ich wünsche mir, dass wir Menschen in der Pandemie solidarisch miteinander umgehen. Denn wenn ich auch in einer für mich schwierigen Lebenssituation bereit bin, etwas abzugeben, dann tue ich das Minimum, um meinen Nächsten als Menschen wahrzunehmen. So können wir alle besser miteinander leben!