Die Waisenkinder des Königreichs
Text: Gunhild Aiyub Fotos: Ralf Krämer
Eswatini ist die letzte absolute Monarchie in Afrika und eines der ärmsten Länder der Welt. Die HIV-Rate erreicht hier die höchsten Werte, Hunger, Verzweiflung und Tod gehören zum Alltag der Kinder. Doch in einigen Regionen wächst eine neue Generation heran, mit großem Lebensmut, Bildungshunger und dem unbändigen Willen, etwas zu verändern.
„Eure Majestät, Sie haben viel Geld, aber Sie wollen immer noch mehr.“ In den falschen Ohren kann dieser Satz gefährlich werden, Majestätsbeleidigung ist in Eswatini kein Kavaliersdelikt. Dass die königliche Familie Geld für eigene Zwecke mit vollen Händen verprasst, wird im Ausland seit Jahren kritisch angemerkt. 69 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, während König Mswati III. einen sehr luxuriösen Lebensstil pflegt. Aber das heißt noch lange nicht, dass man im Land selbst darüber reden darf. Eswatinische Medienredaktionen, die darüber berichten, stehen in der Gefahr, geschlossen zu werden.
"Denkt daran, ein Baby ist teuer!"
Selbst ACAT-Leiter Enock Dlamini ist beeindruckt von der Ernsthaftigkeit der jungen Leute: „Ich freue mich auf den Tag“, sagt er grinsend, „wenn ihr vor dem König steht und sagt: ‚Eure Majestät, Sie haben viel Geld, aber Sie wollen immer noch mehr…‘ Heute sprecht ihr unter einem Baum, aber eines Tages in einer großen Halle vor einer großen Versammlung.“ Diese Kinder nehmen ihr Schicksal nicht hin, sie haben erkannt, worauf es ankommt. „Bildung ist wie eine Kreditkarte!“, ruft Enock Dlamini der Gruppe zu. „Mit ihr steht euch die Zukunft offen.“
Die Zahl der (Aids-)Waisen steigt dramatisch
Ein Leben ohne Eltern
Ein Acker zu Weihnachten
2009 fragte ACAT die 200 Patenkinder in der Sidlangatsini Community, was sie mit dem Weihnachtsgeld von der Kindernothilfe machen wollten. Neben Schule und Unterstützung der Familien enthält der Patenschaftsbeitrag auch eine Summe für ein kleines Geschenk zu Weihnachten. Die Antwort der Kinder war für alle Erwachsenen überraschend. Wollten sie Geschenke haben? Eine Party feiern? Einen Ausflug machen? Nein, die Kinder wollten den Acker bebauen, den die Erwachsenen vor zig Jahren aufgegeben hatten. Jedes Jahr mussten Familien hungern. Was sie von ihren eigenen kleinen Gärten ernteten, reichte vorne und hinten nicht, dabei war die Lösung so einfach, fanden die Kinder. Die Erwachsenen staunten über ihren Wunsch, und manch einer lächelte wohl auch über die vermeintliche Naivität. Bei der Ortsbesichtigung meinte Dorfbewohner Mr. Nhleko resigniert: „Eine tolle Idee, aber das wird doch nie was. Wir haben nicht genug Geld, wir sind zu arm, es ist unmöglich.“